Selbstverständnis der Freimaurerei

Die Freimaurer der Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland bekennen sich zu den auf Würde, Freiheit und Selbstbestimmung des Menschen ausgerichteten Traditionen ihres Bundes. Dieses Erbe zu bewahren und angesichts der Herausforderungen der Gegenwart in Denken und Handeln neu zu bestimmen, ist der wichtigste Inhalt freimaurerischer Arbeit.

Damit zieht die Großloge A.F.u.A.M. von Deutschland zugleich die Konsequenz aus der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts, aus der sie hervorgegangen ist. Im Bewusstsein ihrer eigenen Identität wirkt sie mit anderen Großlogen im Rahmen der „Vereinigten Großlogen von Deutschland“ zusammen und versteht sich als Teil einer weltumspannenden Gemeinschaft.

Die Großloge A.F.u.A.M. von Deutschland ist offen für kontroverse Ideen und nimmt Mitglieder aus allen gesellschaftlichen Schichten auf. Auf der Grundlage ihrer Überzeugungen vereint sie geistig und menschlich aufgeschlossene Männer unterschiedlicher weltanschaulicher, religiöser und politischer Überzeugungen. So erfüllt sie den Auftrag der „Alten Pflichten“, Menschen in brüderlicher Eintracht zu verbinden, die sich sonst fremd geblieben wären. Entscheidend ist nicht die Herkunft der Überzeugung, sondern wie sich das Bekenntnis zum Menschen im Leben bewährt.

Das Wesen des Freimaurerbundes

Das Wesen des Freimaurerbundes besteht in der Einheit von leitender Idee, tragender brüderlicher Gemeinschaft und vertiefendem symbolischem Erlebnis. Als Glieder eines ethischen Bundes treten die Freimaurer für Menschlichkeit, Brüderlichkeit, Toleranz, Friedensliebe und soziale Gerechtigkeit ein. Die Loge ist die Übungsstätte dieser Werte. Als Symbolbund dient die Freimaurerei der Verinnerlichung von Idee und Gemeinschaft. Hierin liegt ihre Besonderheit gegenüber anderen Zusammenschlüssen.

Die Frage „Was ist Freimaurerei?“ lässt sich nur als Einheit von Idee, Gemeinschaft und symbolischem Ausdruck beantworten. Diese Vielgestaltigkeit erlaubt unterschiedliche Zugänge: Für den einen steht die geistige Auseinandersetzung im Vordergrund, für den anderen die menschliche Gemeinschaft, für den dritten das Symbol und das Brauchtum. Erfüllte Freimaurerei verwirklicht sich jedoch nur im Zusammenspiel aller Elemente.

Die geistige Arbeit

Freimaurer wissen, dass die Werte, zu denen sie sich bekennen, immer wieder neu belebt, angesichts von Gefährdungen präzisiert und in stetigem Bemühen verwirklicht werden müssen. Der Freimaurerbund verzichtet auf politische Programme und nimmt nicht an parteipolitischen Auseinandersetzungen teil. Logen sollen vielmehr Orte sein, an denen durch Information und gemeinsames Nachdenken verantwortliches persönliches Handeln vorbereitet wird. Ihre aufklärerische Aufgabe erfüllen die Freimaurer durch Überwindung von Vorurteilen, Sensibilität für Zeitprobleme und das Streben nach gemeinsamer Wahrheit.

Freimaurer sind sich bewusst, dass sinnvolles Leben sowohl Wissen über die Welt als auch Überzeugungen erfordert, die das Handeln leiten. Die Logen bieten durch Information und gemeinsames Nachdenken Orientierungshilfen. Das Reflektieren der Wirklichkeit im Lichte von Menschlichkeit, Brüderlichkeit, Toleranz, Friedensliebe und sozialer Gerechtigkeit kann Entscheidungsmaßstäbe vermitteln.

Freimaurer wissen zwar nicht, wie eine ideale menschliche Welt im Einzelnen aussehen sollte, verzichten auf gesellschaftlich-politische Utopien, erkennen aber, dass Menschlichkeit und Toleranz helfen, Bedrohungen zu erkennen und verantwortlich zu handeln.

Die Loge

Grundlage freimaurerischen Wirkens ist die Loge. Sie ist Zentrum geistiger Arbeit, Stätte der Begegnung und Ort ernster Besinnung. Für den Erfolg ihrer Arbeit ist ein offenes, ehrliches und hilfsbereites Miteinander Voraussetzung. Zum Zeichen engster Verbundenheit nennen sich die Freimaurer untereinander „Brüder“. Am geselligen Leben der Loge nehmen auch die Frauen und Familien der Mitglieder teil. Dennoch ist die Freimaurerei aus Tradition ein Männerbund. Sie sieht darin keinen Widerspruch zur Gleichberechtigung, sondern hält Vereinigungen, die nur Männer oder nur Frauen umfassen, für legitime und sinnvolle Formen menschlicher Gemeinschaft.

Das Zusammenleben in der Loge erfordert Verständnis, Hilfsbereitschaft und die Bereitschaft, die Überzeugung des anderen in ehrlicher Auseinandersetzung zu respektieren. Freimaurerische Toleranz bedeutet nicht Gleichgültigkeit, sondern aktives Respektieren anderer Auffassungen. Die Überwindung menschlicher Unzulänglichkeiten durch Gespräch, Anleitung und Vorbild ist fortdauernder Gegenstand freimaurerischer Arbeit.

Das Brauchtum

Der Freimaurerbund besitzt ein überliefertes Brauchtum, dessen Ursprung in den mittelalterlichen Bauhütten liegt. Die rituellen Arbeiten dienen:

  • der Aufnahme neuer Mitglieder,
  • der Vertiefung menschlicher Bindungen,
  • der Besinnung auf moralische Normen,
  • der Sammlung und Erbauung des einzelnen Bruders.

Die Hauptsymbole sind das Buch des Heiligen Gesetzes, das Winkelmaß und der Zirkel. Sie erinnern an ethische Verpflichtungen, die Verbundenheit mit den Mitmenschen und den Bezug zur Transzendenz. Die Freimaurerei verzichtet auf jede inhaltliche Festlegung religiöser Symbole und überlässt dies der persönlichen Überzeugung des Einzelnen.

Obwohl nicht alle Zusammenkünfte rituell ablaufen, spielen die Tempelarbeiten eine zentrale Rolle. Alle freimaurerischen Aktivitäten entfalten sich um die Zusammenkünfte in der Bauhütte. Die Lebenskraft des Freimaurerbundes beruht nicht zuletzt auf seinem seit Jahrhunderten bewahrten Schatz an Formen und Symbolen.

Die Freimaurerei geht davon aus, dass seelische Vorgänge für ihre Wirksamkeit eines sinnlichen Ausdrucks bedürfen. Sie bedient sich einer Vielzahl von Symbolen und symbolischen Handlungen, die individuell gedeutet werden können. Das „Buch des Heiligen Gesetzes“ wird meist durch die Bibel dargestellt, die als Symbol für sittliche Normen und Werte verstanden wird.

Mit ihrem rituellen Gebäude schafft die Freimaurerei Räume der Ruhe und Kontemplation, die der moderne Mensch oft entbehrt. Die Tempelarbeit spricht emotionale und rationale Seiten gleichermaßen an. Handlungen, Worte und Musik bilden eine ausgewogene Einheit.

Weltanschauung und Religion

Freimaurerei ist weder Religion noch Kirche. Sie will Menschen verschiedener Weltanschauungen und religiöser Überzeugungen im Bewusstsein gemeinsamer Werte auf der Grundlage einer gemeinsamen Symbolsprache verbinden. Die Zugehörigkeit zu einer Konfession steht der Mitgliedschaft nicht entgegen.

Das freimaurerische Ritual vermittelt Erfahrungen, die über das Alltagsleben hinausgehen, bleibt aber rein psychisch und ist nicht übersinnlich oder magisch. Die Freimaurerei beruht auf einer religiösen Grundlage, indem sie der Stellung des Menschen in der Welt und seiner Beziehung zur Transzendenz Ausdruck verleiht. Sie ist jedoch keine Religionsgemeinschaft, kennt keine Dogmen und lässt individuelle Überzeugungen zu. Diskussionen über konfessionelle Fragen sind im Freimaurerbund nicht gestattet.

Freimaurerei und Kirchen handeln beide von immateriellen Werten, stehen aber nicht in Konkurrenz. Auch kirchenferne Männer können in der Freimaurerei ihr Bedürfnis nach Ritual und Gemeinschaft erfüllen. Die von der Großloge A.F.u.A.M. von Deutschland vertretene Freimaurerei enthält sich jeder Jenseitsorientierung und bezieht sich auf das diesseitige menschliche Handeln.

Das Geheimnis

Die Freimaurerei ist kein Geheimbund. Geschichte, Wesen, Ziele, Satzung und Namen der Vorstände sind öffentlich zugänglich, und selbst die Rituale wurden vielfach veröffentlicht. Dennoch halten die Freimaurer an der Verschwiegenheit über die Einzelheiten ihres Brauchtums fest. Dieses Schweigen schützt das Erlebnis und stiftet Vertrauen.

Die Stellung der Freimaurerei in der heutigen Gesellschaft erfordert von Loge und Großloge eine Öffentlichkeitsarbeit, die die eigene Identität vermittelt. Diese hat drei Hauptaufgaben:

  • Abbau von Vorurteilen und Verbesserung des Informationsstandes der Öffentlichkeit,
  • Herstellung einer belebenden Kommunikation mit Außenstehenden,
  • Anknüpfen von Beziehungen zu suchenden Männern, die für die Logen in Frage kommen.

Gleichzeitig wird abgelehnt, das freimaurerische Brauchtum und interne Vorgänge öffentlich zu machen. Die Öffentlichkeit akzeptiert das Vorhandensein unzugänglicher Bereiche. Durch deren Preisgabe würde sich die Freimaurerei eines wesentlichen Elements ihrer Wirksamkeit berauben und das auf Schweigen und Vertrauen beruhende innere Band gefährden.